„Wir wollen gleich die maximale Anzahl an Anlagen auf den Tisch bringen“, sagte Stefan Böhler vom E-Werk Mittelbaden in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 22.03.2023 in Gutach. Laut dem neuen Windenergiebedarfgesetz sollen 1,8 Prozent der Fläche für Windenergie ausgewiesen werden. Lukas Schuwald von der Ökostromgruppe zeigte sich zuversichtlich, dass der Regionalverband deshalb die Fläche am Pilfer Richtung Rappenstein ausweisen wird – auch wenn sie dem Flächennutzungsplan von Wolfach entgegenstehe. Man habe dort eine sehr gute Windhöffigkeit und einen großen Abstand zu den Häusern. Und man könne die Menschen vor Ort gut partizipieren lassen, vor allem über die Pacht. Einige Grundstückseigentümer hätten schon zugestimmt.
Die neuen Räder des Typs Enercon 160 haben eine ähnliche Nabenhöhe wie die „Nachbarräder“, aber längere Flügel. Sie bringen pro WKA rund 12 Millionen Kilowattstunden jährlich. Das sei „ein gewaltiger Brocken, der hier erzeugt werden kann“, so Schuwald. Neben der Pacht, erheblicher Gewerbesteuer und Zinsen für Bürgerbeteiligung gebe es durch das neue Kommunalbeteiligungsgesetz weitere zwei Cent pro Kilowattstunde für die Kommunen: „Insgesamt bleiben so bei drei Anlagen 750.000 Euro in der Region hängen“, so Schuwald. Beeinträchtigungen gebe es überall, wo Energie produziert wird: Jene durch Windkraft, Solar und Wasserkraft seien die geringsten.
Doch bei diesen drei Anlagen soll es nicht bleiben. Stefan Böhler informierte über die Pläne an der Prechtaler Schanze, wo man schon viel weiter sei. Dort plant man - wegen höherer Windturbulenzen - vier Anlagen mit dem bisherigen Typ E115 und einer Stromerzeugung von acht Millionen Kilowattstunden pro WKA am Büchereck, zwei in Richtung Farrenkopf und am Hornisloch (Böhler im OT-Gespräch: „Das E-Werk rechnet etwas vorsichtiger als die Ökostromgruppe“). Die Infrastruktur sei bereits vorhanden, die Umspannanlage wurde bereits für 32 MWh Leistungsreserve gebaut und sei noch erweiterbar.
Alle Hausaufgaben seien bereits gemacht, die umweltrechtlichen Begleituntersuchungen positiv abgeschlossen und die Suche nach Ausgleichsflächen für das Auerwild gestartet. „In Abstimmung mit den umliegenden Kommunen wollen wir Pacht, Kommunalabgaben und Gewerbesteuer so verteilen, dass alle einigermaßen zufrieden sind“, betonte Böhler. In Gutach gebe es noch mehr Potenzial. An der Rehhalde und am Schnallenkapf werde man noch Windmessungen vornehmen, ob es überhaupt lohnt, das weiter zu verfolgen. Man werde aber auch das Thema Fotovoltaik noch ausweiten, beispielweise bei den Rädern am Pilfer, wo die Netzanschlüsse schon da sind. Wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, sollen Fernwärmenetze mit großen Blockheizkraftwerken Strom produzieren kurzfristig mit Gas, mittelfristig mit Klärgas, Biogas und Wasserstoff.
Weitere sieben Anlagen entlang des Gutachtals seien „nochmal eine ganz andere Dimension“, sagte Bürgermeister Siegfried Eckert. Einschränkungen für die Bürger stünden allerdings bessere Tarife, mehr Gewerbesteuer und Entschädigungen entgegen.
„Der Zeitpunkt ist gut, wir geben Gas“, erhofft sich Stefan Böhler für die Prechtaler Schanze die Genehmigung bis Dezember. Das Ziel sei bezahlbarer Strom auch für die Industrie, die sich bekanntlich grünen Strom direkt vor Ort erhofft: „Wir wollen für die ganze Ortenau unabhängig werden von Gas und von Spekulationen“, betonte Böhler. Es gebe nur noch eine Gasleitung nach Deutschland, das mache jedem Energieversorger Sorgen: „Jedes Windkraftwerk, das wir jetzt bauen, hilft!“
Zeitplan:
April: Einreichung des Bauantrags, Beginn des öffentlichen Verfahrens für die vier Windräder "Prechtaler Schanze"
Mai: Windpark Pilfer/Rappenstein öffentlich im Gemeinderat Wolfach
September: Öffentliche Anhörung in der Gutacher Festhalle
2024: erhoffter Baubeginn für Prechtaler Schanze
2026: Baubeginn am Pilfer/Rappenstein
Stimmen aus dem Gemeinderat:
FDP: „Wenn man etwas tun kann, muss man’s auch tun“, bezog Susanne Heinzmann Position. Aber die Bürger sollten einen Nutzen über einen verbilligten Strompreis haben, „wenn sie die Räder schon angucken müssen“. Ihr Parteikollege Karl-Heinz Wöhrle hieb in die gleiche Kerbe, und Kathrin Eckert lobte das vorgelegte Tempo.
Freie Wähler: „Jeder Bürger hat etwas von diesem Mehrwert. Wenn Industriebetriebe günstigen Strom erhalten, sichert das Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen, die einen Nutzen für alle bringen“, sagte Jürgen Wälde.
SPD: Grundsätzlich sei er für die Windenergie, aber er sei sich nach vielen Gesprächen mit Gutacher Bürgern nicht sicher, wie viel Beeinträchtigungen die Bürger und der Tourismus noch ertragen, brachte Florian Oßwald eher skeptische Töne ein.
CDU: Karla Wöhrle stellt bei ihren Gästen eher ein großes Interesse an der Windkraft fest. Noch nie habe sich ein Gast darüber beschwert, „obwohl wir sehr nah an den Windrädern wohnen“. Auch Mike Lauble hält das „Argument Tourismus eher für ein vorgeschobenes Argument von Windkraftgegnern“.
Claudia Ramsteiner, Offenburger Tageblatt