im Schwarzwald | Heimat des Bollenhutes

Der Bollenhut feiert Geburtstag

Es war am Montag, 07.01.2019 genau 222 Jahre her, als Herzog Friedrich Eugen von Württemberg quasi den Bollenhut »erfand«. Er wies die Gemeinden im Oberamt Hornberg an, auf ihre Strohhüte die »übliche Devoration von schwarzer und roter Farbe aufzutragen« – aus denen später die Wollbollen wurden.

Es gibt einige Gründe, weshalb die Tracht mit den roten und schwarzen Bollen auf einem Strohhut inmitten der reichen Trachtenlandschaft Schwarzwald zu »der« Schwarzwaldtracht schlechthin wurde. Und es gibt einen Grund, wie diese inzwischen weltberühmte Kopfbedeckung überhaupt entstanden ist. Und der liegt heute auf den Tag genau 222 Jahre zurück. Am 7. Januar 1797 schrieb Herzog Friedrich Eugen von Württemberg an das Oberamt Hornberg und empfahl seinen Schwarzwälder Gemeinden die Hutmacherei als Ausweg aus der Armut. »Der hatte einen Akt der Wirtschaftsförderung im Sinn«, schrieb der SWR-Moderator Klaus Gülker am 4. Januar auf der Webseite des SWR.

Laut dem Gutacher Heimatforscher Ansgar Barth ist eine frühe Beschreibung der Tracht der Bauersleute im damals württembergischen Oberamt Hornberg dem Besuch des württembergischen Herzogs Carl Eugen im Jahr 1770 zu verdanken. Der Generaladjutant des Herzogs habe im Tagebuch über die Reise genau beschrieben, wie die »Burgerschaft« und die »Bauren« beim Empfang des Herzogs gekleidet waren. Die Anfänge Barth schilderte im Katalog zur Sonderausstellung »Schwarzwaldmädel« des Freilichtmuseums Vogtsbauernhof 2007 die Anfänge des später weltbekannten Bollenhuts, der auf den Beginn der Strohflechterei im Schwarzwald um 1720 zurückging.

»Die Entstehungsjahre des später so bekannten Hutes lassen sich an einem Briefwechsel zwischen den württembergischen Oberämtern Hornberg und St. Georgen einerseits und der herzoglichen Kanzlei in Stuttgart andererseits feststellen«, schreibt Barth. Anweisung von 1797 Die ersten Schreiben hätten Anträge zur Einrichtung von Handarbeitsschulen enthalten, um in der Not der Bevölkerung eine Grundlage zur Herstellung von Strohbändern und Strohhüten zu schaffen. Die Strohflechterei und die Herstellung der Strohhüte seien im Amt Hornberg allerdings nicht so erfolgreich wie im vorderösterreichischen Triberg gewesen.

»Als modische Kopfbedeckungen hatten diese Hü- te im Gutachtal jedoch Erfolg, vor allem wohl, weil die Ausschmückung oder Verziehung eine besondere Entwicklung nahm«, schreibt der Gutacher Chronist. Aus einer Anweisung vom 7. Januar 1797 – das ist jener Brief von Herzog Friedrich Eugen, auf den sich Gülker bezieht – gehe hervor, dass auf die Strohhüte die »übliche Devoration von schwarzer und roter Farbe« aufzutragen sei. »Vom Aufmalen roter und schwarzer Kreisflächen auf die Strohhü- te bis zum Aufnähen von Wollrosen oder kleinen Wollbollen war es offensichtlich nur ein kleiner Schritt«, vermutet Barth.

Kurz nach 1800 hatten Hutmacherinnen einen Hut kreiert, der in wenigen Jahrzehnten zum Kennzeichen einer ganzen Region wurde. Die Bollen wurden nach und nach größer und erreichten um 1900 die heute übliche Form. Pfarrer Heinrich Hansjakob und der Gutacher Kunstmaler Wilhelm Hasemann waren Streiter für die Volkstrachten. Gerade die Künstlerpostkarten Hasemanns mit Motiven der Bollenhuttracht und die Gutacher Malerkolonie um Hasemann und Curt Liebich trugen dazu bei, dass diese weltweit als »die Schwarzwaldtracht« bekannt wurde. Mit der Operette »Das Schwarzwaldmädel«, die 1950 mit Sonja Ziemann und Rudolf Prack verfilmt wurde, bekam der rote Bollenhut einen weiteren Popularitätsschub. Und längst ist dieser Trachtenhut als das Schwarzwaldsymbol schlechthin auch beliebter Werbeträger – sei es auf Milchtüten, Schnapsflaschen, Nudelpackungen oder Schinkenspezialitäten.

Die »echten« Bollenhutorte Reichenbach, Gutach und Kirnbach können sich kaum dagegen wehren, dass überall mit »ihrer« Tracht geworben wird, denn geschützt ist sie nicht. Die 1902 gegründete Gutacher Trachtenkapelle, in der auch die Trachtengruppe vereint ist, ist ganz froh über diesen »Türöffner«. Der Bollenhut habe schon manche Möglichkeiten eingeräumt, »an die wir ohne den Bollenhut nicht drangekommen wären«, räumt Vorsitzender Mike Lauble bei den Trachtenvorstellungen immer wieder ein. Erst in vergangenen Jahr durften zwei junge Gutacher Trachtenträger nach China reisen.

Claudia Ramsteiner
Offenburger Tageblatt

Auch Promis wie hier der Ministerpräsident Winfried Kretschmann 2012 im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof schmücken sich gern mit Trachtenmädchen mit Bollenhut.