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Ernstes und Heiteres im Mai

Peter Hagmeyer verlegte seine Lesung in der Adventszeit vorsichtshalber in den Frühling, um allen Corona-Eventualitäten zu entgehen. Seine gesammelten Texte genießen große Beliebtheit.

25 treue Zuhörer waren am Mittwochabend, 25.05.2022 ins Gutacher Gasthaus „Krone“ gekommen, um nach zweieinhalb Jahren Zwangspause endlich wieder Peter Hagmeyers Lesung „Ernst und heiter – wie im richtigen Leben“ zu lauschen; ausnahmsweise nicht wie gewohnt in der Adventszeit, sondern vorsichtshalber schon im Mai. Diesmal hatte er hintersinnig-heitere Geschichten aus Maxim Leos und Jochen Gutschs Buch „Es ist nur eine Phase, Hase: Ein Trostbuch für Alterspubertierende“ und ungemein treffsichere Gedichte aus Günter Hollys „Heiter betrachtet“ ausgesucht.

Wie bestellt ertönte zu Beginn das Glockengeläut der nahen Kirche, als Hagmeyer die „Alterspubertiere“ vorstellte: „Alterspubertierende sind angegraute, bequeme, oft kurzsichtige Wesen, die die Ruhe lieben, das Wandern, das Wort ‚früher‘ und bestuhlte Pop-Konzerte“ – und sie sind die größte Bevölkerungsgruppe in Europa. „Du bist nicht allein!“, hieß es tröstlich. Zum „Alterspubertier“ wurde der Autor übrigens in dem Augenblick, als ihm der Augenarzt eine Lesebrille verpasste. Bis dahin hatte er beim Zeitungslesen die Buchstaben quasi eingeatmet. Um dieses Brillentrauma möglichst lange hinauszuschieben, empfahl er spezielle Speisekarten für Alterspubertiere „groß wie eine Tür“.

Mitten in dieser Alterspubertät begegnet ihm ein lockerer, Joint-rauchender Gott, der über das Alter nur lachen kann: „Ich bin 763 Milliarden Jahre alt!“ Er solle etwas Vernünftiges im Alter machen, riet der ihm, nicht nur so Quatsch wie in der Jugend: Er solle ein Buch schreiben. Und das lag hiermit vor. Allerhand Abenteuer erlebte der „Alterspubertierende“ da mit seiner Frau, etwa als sie eine neue Arbeitsplatte für die Küche kaufen wollten und nach einer Odyssee durch grenzenlose Küchenwelten ohne Arbeitsplatte, aber mit einem Dampfgarer groß wie zwei Rasenmäher nach Hause kamen. Er kam zu der Erkenntnis: Nur Kinder wären gerne älter. Aber: „Wenn der Alterspubertierende sein Alter akzeptiert, ist er so gut wie tot.“ Zum Schluss all der Klagen gab er zu bedenken: „Wer sich beklagt, der lebt ja noch!“

Nach so viel, wenn auch heiterer, Auseinandersetzung mit dem Altern wurde es Zeit für lustige, mehr aufbauende Gedichte. Da kamen Gerhard Hollys Verse „Heiter betrachtet“ gerade recht. Da wurde bei all den Alterszipperlein gebetet: „Lass es noch lange weiter zwicken!“ Und in der „Schöpfungsgeschichte im Endstadium“ baute ihm Gott eine Frau, die ihm allzeit problemlos folgt, wenn er nur immer nachgibt. Vom Beifall an falscher Stelle beim Konzert war da die Rede, von den vielen Notizbüchern, die den Standort all der verlegten Kladden verraten und von der vorübergehenden Pracht eines Luftballons: „Die Schönheit war gewissermaßen Leere – die groß aufgeblasen. Vieles sieht ganz anders aus, lässt man nur die Luft heraus“.

„Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen“: So beendete Peter Hagmeyer unter großem Applaus seine Lesung, für die ihm Bürgermeister Siegfried Eckert in Reimform dankte.

Andreas Buchta, Offenburger Tageblatt

Peter Hagmeyer las am Mittwoch nach einer langen Corona-Pause in der Gutacher "Krone" wieder aus seinen gesammelten Texten.